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Ist Minimalismus ein Privileg?

Kategorie Minimalismus

Untertitel: Ist der Trend teuer und umweltschädlich?

Minimalismus ist inzwischen ein fester Teil meines Lebens und hat es erheblich verbessert. Daher bin ich auch der festen Überzeugung, dass man selbst mit kleinem Einkommen sehr gut leben kann, es ist alles eine Frage von Prioritäten. Letztens bin ich allerdings über einen Artikel gestolpert, der behauptet, dass Minimalismus vor allem etwas für Privilegierte ist.

Den besagten Artikel findest du hier: Minimalistisch zu wohnen, können sich vor allem Privilegierte leisten. Und das ist nicht der erste Beitrag, der mir über den Weg läuft und eine solche Position vertritt. Also dachte ich damit müsse ich mich mal beschäftigen - denn eigentlich sehe ich das anders.

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Der Minimalismus in seiner Grundform

Minimalismus ist ein Lebensstil, in dem die essentiellen Dinge im Vordergrund stehen. Es geht darum für einen selbst Klarheit zu schaffen, sich von unnötigem Ballast zu befreien und so Raum für Wesentliches zu schaffen. Durch das Ausmisten von Dinge, die wir nicht benutzen und nicht wertschätzen, schaffen wir mehr Raum und Freiheit.

Was soll das jetzt konkret bedeuten? Minimalismus ist eine Bewegung, die sich gegen die Konsumgesellschaft stellt. Denn Fakt ist, wir kaufen alle zu viel Zeug. Und warum? Zum Teil kaufen wir, weil es günstig ist, weil es leicht zugänglich ist und weil Werbung heutzutage allgegenwärtig ist.

Warum ist das unbedingt schlecht? Zunächst ist es nicht gut für die Umwelt - es entstehen Müllberge durch unseren Konsum. Außerdem ist es nicht gut für unseren Geldbeutel. Und es ist nicht gut für unsere mentale Gesundheit. Man hat ständig das Gefühl auf einer Jagt nach dem nächsten tollen Gegenstand zu sein, seien es Klamotten, Möbel oder Technik.

Genau sowas prangert Minimalismus an und will, dass man sich davon los sagt.

Minimalismus an sich ist also meiner Meinung nach nicht das Problem.

Das Problem mit Social Media

Das eigentliche Problem liegt bei der falschen Darstellung von Minimalismus. Die Autorin schreibt in ihrem Beitrag, dass man auf Social Media nur die mit Designermöbeln eingerichteten Wohnungen sieht. Diese werden dann als minimalistisch und genügsam verkauft. Das ist natürlich keine korrekte Darstellung.

Zum einen muss man hier genau wie in jedem anderen Bereich feststellen, dass es natürlich online viele Influencer gibt, die mit ihrem Content Geld verdienen und so ein bestimmtes Bild vermitteln. Es muss eben alles immer schön, elegant und modern aussehen, so ist das eben in den Sozialen Netzwerken.

So ist das aber nicht nur beim Minimalismus, Beispiel Fitness. Es gibt unzählige Fitness-Influencer da draußen, die alle zeigen, wie sie die neusten Sportklamotten tragen und in sehr schönen Räumen ihr Workout machen, bei dem sie dann überhaupt nicht schwitzen und nicht lächerlich aussehen, so wie der Rest von uns. Danach gibt es einen tollen Bananen-Erdnussbutter-Protein-Smoothie. Das bildet die Realität nicht ab, zeichnet aber auch ein gefährlich falsches Bild für uns “Normalos”. Wir streben nach einem kaum erreichbaren Ideal.

Und insofern hat die Autorin des Beitrags recht, das ist bei Minimalismus sehr ähnlich.

Auf Social Media wir ein falsches Bild von Minimalismus vermittelt. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass Minimalismus als Wort mehrdeutig ist. Es kann auch einen Architektur- oder Einrichtungsstil an sich beschreiben, ohne auf den Gedanken des reduzierten Konsums einzugehen. Was sich also online als Minimalismus verkauft, da muss nicht unbedingt Minimalismus drin sein. Und das ohne böswilligen Hintergedanken. Man kann es schlicht und einfach nicht auseinander halten.

Qualität vor Quantität

Ich möchte auch noch mal darauf eingehen, dass die Autorin anprangert, dass Minimalisten sich “teure skandinavische Designer-Label oder Vintage-Ware” in die Wohnung stellen. Ja, ich verstehen diese Aussage. Auch ich denke mir von Zeit zu Zeit: “Wow. Das sieht ganz schön teuer aus. Minimalistisch, aber teuer.”

Das ist durchaus privilegierter Minimalismus, aber wie bereits angemerkt, deckt dass, was wir online sehen, nicht das ganze Spektrum ab.

Ein Tisch und ein Stuhl aus hellem Holz auf einem runden weißen Teppich. Drum herum ein paar Pflanzen und eine Lampe.
Der skandinavische Einrichtungsstil ist minimalistisch, kann aber auch recht teuer sein. Foto von Hutomo Abrianto, Unsplash

Zumal man es teilweise auch gar nicht mehr unterscheiden kann. Der skandinavische Stil ist gerade in, okay. Aber vieles von richtig schicken Möbeln kann daher auch selbst aus Fichtenholz gemacht sein. DIY ist momentan nämlich auch ein großer Trend und kann auch sehr schick aussehen. Das Gleiche gilt für Vintage und Secondhand - zwei Trends, denen man aber auch sehr gut nachhaltig und günstig nachgehen kann, zum Beispiel durch einkaufen in entsprechenden Läden, Flohmärkten oder online.

Worauf ich hinaus will: Man kann von außen schnell urteilen, aber ich kenne auch viele Gegenbeispiele, nicht zuletzt mich selbst, die eine schöne Wohnung habe, obwohl sie hauptsächlich secondhand eingerichtet ist.

Ein weiterer Gedanke, den ich mir durch Minimalismus auch eingeprägt ha, ist, dass Qualität zu kaufen besser ist als Quantität zu kaufen. Daher sehe ich das durchaus als gute Wahl an, auf ein teureres Möbelstück hinzusparen (wenn man es kann und will), statt etwas günstiges zu kaufen, was schneller kaputt geht. Aber secondhand ist meiner Meinung nach eine der besten Optionen.

Warum Minimalismus gegen Geldsorgen hilft

Und nun zum letzten Punkt: Warum ich finde, dass Minimalismus gerade für Menschen mit Geldprobleme ein hervorragender Lebensstil ist. Die Autorin gibt in dem Beitrag der ze.tt das Beispiel, dass sie eine wudnerschöne Altbauwohnung in Berlin-Mitte hat, sich aber lange nicht leisten konnte sie einzurichten. Natürlich hätte sie es gerne getan und sich “im Konsum gesuhlt”.

Wenn sie das gerne gemacht hätte, dann ist das okay. Aber meine Frage an der Stelle ist: Wieso wohnt sie in einer Wohnung, die es ihr finanziell nicht erlaubt ein bisschen Geld zur Seite zu legen, um sich nach ein paar Monaten ein Sofa kaufen zu können? Eine günstige gebrauchte Couch bekommt man für wenige hundert Euro, das hat man nach ein paar Monaten zusammen.

Ich möchte hiermit nicht die Autorin selbst angreifen, ich verstehe sie. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie es vielen geht, die über ihre Verhältnisse leben, weil sie ein bestimmtes Bild für ihr Leben vor Augen haben.

Der clevere Ansatz wäre mit dem Minimalismus gekommen. Sie hätte erkennen können, dass die Wohnung zu groß und zu teuer für ihre Verhältnisse ist. Vielleicht hätte sie ausgemistet und nochmals an Raum gewonnen. So hätte sie sich in ähnlicher Lage vielleicht eine günstigere Wohnung nehmen können. Das hätte ihr viel mehr finanziellen Freiraum geschenkt, der ihr auch erlaubt hätte, Geld zu sparen und ab uns zu wohlverdienten Konsum zu genießen.

Auch so kann Minimalismus nämlich aussehen.

Was Minimalismus für deine Finanzen tun kann

Hier noch mal ein paar Beispiele, wie sich Minimalismus auf deine Finanzen auswirken kann.

  1. Minimalisten haben weniger, müssen sich also auch nicht ständig darum kümmern, etwas zu reparieren, zu warten oder zu pflegen. Das bedeutet auch weniger laufende Kosten. Beispiel: Regelmäßige Inspektion eines Neuwagens
  2. Minimalisten kaufen weniger und denken mehr über ihre Käufe nach. So schön Konsum auch sein kann, schafft man so unnötige Spontankäufe ab. Und das hat nichts mit Verzicht zu tun. Du wirst nicht unglücklicher dadurch werden. Du wirst nur mehr Geld haben.
  3. Minimalisten sind genügsamer, was man mit der Zeit lernt. Es kann am Anfang nervig sein nichts zu kaufen und sich wie eine Einschränkung anfühlen, klar. Aber mit etwas Zeit wirst du den Mehrwert dahinter erkennen. Wenn ich etwas kaufe, will ich einfach sicher sein, dass ich es wirklich brauche und das Geld gut investiert ist.
  4. Minimalisten können mehr sparen, was sich aus den Punkten vorher von selbst erklären sollte. Stellt dir einfach vor, du kaufst jeden Monat Klamotten für 20€. Wenn du das nicht mehr tust, dann hast nach einem Jahr 240€.
  5. Minimalisten haben eine multifunktionale Gaderobe, was Stress, Zeit und Geld spart. Du hast nur das was du brauchst und auch wirklich anziehst und kannst alles kombinieren. Stell dir vor, wie viel einfacher das das Leben macht.
  6. Minimalisten können priorisieren und wissen daher, wo es wichtig ist Geld auszugeben und wo nicht.
  7. Minimalisten jagen keinen Trends hinterher, geben daher auch weniger Geld für sowas aus, setzen eher auf zeitlose Dinge. Aber selbst wenn du Trendsachen kaufen willst, kannst du clever sein, sie später wieder aussortieren und weiter verkaufen.

Ein Schlusswort

Ich hoffe ich konnte durch diesen Beitrag ein bisschen differenzierteres Bild von Minimalismus zeichnen. Ich weiß natürlich auch, dass es viele Menschen gibt, die am Existenzminimum leben und wirklich keinen Spielraum in ihren Finanzen haben. Da kann es wie ein Schlag ins Gesicht sein, sich ach so sparsame Minimalisten mit Designermöbeln angucken zu müssen.

Ich finde aber diese Menschen, die finanziell keine großen Sprünge machen können, sollten Minimalismus eine Chance geben, sich mit ihrem Konsumverhalten und Finanzen auseinander setzen und mal gucken, ob ihnen das helfen kann, ein bisschen mehr Bewegungsspielraum zu gewinnen ohne unglücklicher zu werden.

Ich kenne einige Menschen, denen Minimalismus schon geholfen hat oder denen dieser Lebensstil helfen könnte. Ich weiß das auch aus eigener Erfahrung. Als ich in meine erste eigene Wohnung gezogen bin, habe ich auch fast gar nichts gesprart, viel Geld für Bücher, Filme, sinnlose Haushalts-Gadgets ausgegeben. Und was brachte mir das? Ich habe mich kurz gefreut, als ich das alles gekauft habe, dann stand es im Schrank rum und war vergessen. Heute denke ich daran, was ich alles hätte mit diesem Geld machen können und werde ein bisschen wehmütig.

Darum mein Rat: Stempel Minimalismus nicht ab. Setz dich damit auseinander und vielleicht verändert er dein Leben.

Bis zum nächten Mal,

- Sarah

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