Tetra Pak Recycling: Sind Getränkekartons nachhaltig?

Untertitel: Zahlen, Daten und Fakten rund um die Verpackung.
Wenn man dieser Tage in den Supermarkt geht, dann findet man vieles in sogenannten Getränkekartons. Das können Säfte oder Milch sein, aber auch Apfelmus oder Tomaten. Sicher ist: Diese Verpackung wird häufig verwendet. Und teilweise wird sie auch gekauft, weil sie als umweltfreundlich beworben wird.
In diesem Beitrag gucken ich mir mal den Getränkekarton als Verpackung genauer an. Mich hat interessiert, ob er wirklich so nachhaltig ist wie immer behauptet wird. Außerdem gucken wir uns mal an wie das Recycling von solchen Tetra Paks funktioniert und ob wirklich so viel Recycling dabei ist.
Im Nachhaltigkeits 101 habe ich die wichtigsten Tipps zusammen gefasst
mit denen jeder starten kann.
Das Nachhaltigkeits 101Zum Download
Was ist der Getränkekarton, auch Tetra Pak genannt?
Der typische Getränkekarton besteht aus mehrere Schichten, die aus Plastik, Aluminium und Papier bestehen. Dank des Plastiks und des Aluminiums ist der Getränkekarton gut abgedichtet und lässt weder Luft noch Licht rein. Das sorgt dafür, dass Lebensmittel darin lange haltbar sind und gut gelagert werden können.
Die Zusammensetzung aus Schichten sorgen außerdem dafür, dass er unter anderem sehr leicht ist. Man kann diese Verpackungen zudem gut stapeln, da sie meist eine rechteckige Form haben. Das sorgt natürlich dafür, dass sie effizient transportiert werden können. Auch die Lagerung kann dadurch platzsparender geschehen.
Was versprechen die Hersteller?
Das Tetra Pak hat also einige Vorteile: leicht, stapelbar, effizienter Transport und Lagerung, frische der Produkte, usw. Trotzdem ist das, was man am meisten hört etwas anderes: Das Tetra Pak ist umweltfreundlich und nachhaltig, weil es zum großen Teil aus einem nachwachsenden Rohstoff besteht, nämlich Papier.
Das, in Zusammenspiel mit den vorher genannten Eigenschaften, sorge laut Herstellern dafür, dass es eine sehr grüne Verpackung sei. Zudem würden momentan um die 70% recycelt werden. Das Papier kann in Form von Zellulose zurück gewonnen werden und wird zu Wellpappe und Pizzakartons weiterverarbeitet. Die Ökobilanz ist also scheinbar sehr gut.
Das führt dazu, dass der Getränkekarton in der Bevölkerung ein sehr grünes Image hat. Deshalb greifen viele umweltbewusste Menschen also eher zum Tetra Pak als beispielsweise zur Plastikflasche.
Was sind die Probleme mit den Getränkekartons?
Schon mal ein kleiner Spoiler vorweg: Ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Mit dem Tetra Pak wird massives Greenwashing betrieben - unabhängig davon wie es im Vergleich zu anderen Verpackungen dasteht.
Die Rohstoffe
Ein gutes Beispiel für den Aufbau eines Getränkekartons sind sechs Schichten. Davon bestehen 4 aus Kunststoff, eine aus Aluminium und nur eine aus Papier. Dabei können die Schichten natürlich von der Stärke variieren, wodurch man immer noch auf einen hohen Papieranteil kommt. Hinzu kommt aber auch noch der Verschluss, der ebenfalls aus Plastik besteht. Und tatsächlich ist es inzwischen so, dass es viele Getränkekartons gibt, die zu 50% aus Kunststoff bestehen.
Der Papieranteil ist also eher kleiner und deshalb kann man auch nicht mehr von einem Produkt sprechen, dass zu einem großen Teil aus einem nachwachsenden Rohstoff besteht.
Das Gewicht
Interessant ist auch, dass die leichte Verpackung über die Jahre immer schwerer geworden ist. Noch vor einigen Jahren wog sie 26g/l, heute sind es 35g/l. Das sind 9g/l an Mehrgewicht, was auf einem 1m³ ganze 9kg sind und fast 13kg gestapelt auf einer durchschnittlichen Europalette (1,5m hoch gestapelt).
Das mag nicht viel klingen, aber in der Menge auf einem LKW (und auf vielen LKWs) macht sich dieses Zusatzgewicht in der Ökobilanz natürlich bemerkbar. Klar ist aber auch, dass der Getränkekarton mit diesem Gewicht trotzdem um Längen vor der Gewicht von Glasverpackungen rangiert.
Das Recycling
Das bringt uns zum Recycling. Die Quote liegt laut Herstellern bei 70%. Diese Angabe ist allerdings kritisch zu betrachten. Denn wie so oft wird auch die energetische Verwertung wieder mal als Recycling angesehen, was meiner Meinung nach falsch ist. Wenn ich etwas recyceln will, dann soll das den Stoff wieder verwendbar machen, nutzbar für ein neues Produkt. Bei der energetischen Verwertung wird der Stoff aber verbrannt. Sicher, daraus wird Energie gewonnen, aber es setzt auch Schadstoffe frei und wertvolle Rohstoffe gehen verloren.
Kunststoff und Aluminium aus Getränkekartons werden also in der Regel verbrannt. Das Papier hingegen wird wirklich recycelt.
Damit und mit Fehlsortierungen, Materialverlusten und Restinhalten kommt man auf eine tatsächliche Recyclingquote von gerade mal 36%.
Ein weiterer Faktor ist der Verbraucher an sich. Denn oft werden die Getränkekartons fälschlicherweise im Restmüll entsorgt. Das sorgt natürlich dafür, dass sie vollständig verbrannt werden. Eigentlich gehört das Tetra Pak in den Gelben Sack, dann kann es zumindest in Teilen recycelt werden. Diese Tatsache ist in den 36% Recyclingquote aber schon enthalten.
Alles in allem wird hier sehr viel schön gerechnet und die Hersteller machen sich das zu Nutze. So behauptete Tetra Pak jahrelang, dass seine Produkte zu 100% recycelt werden und das Aluminium sortenrein zurück gewonnen werden kann. Neuere Studien haben aber inzwischen anderes gezeigt. Kunststoff und Aluminium sind nicht trennbar verklebt - das macht getrenntes Recycling schwierig bis unmöglich.
Das Greenwashing
Etwas wo man hier sehr aufpassen muss, ist, dass viele Studien zu dem Thema von Tetra Pak oder der Verpackungsindustrie selbst in Auftrag gegeben wurden. Das muss nichts heißen, aber wenn man nur solche Studien findet und die alle positiv klingen, dann macht das etwas stutzig.
Es ist auch klar, dass sich über die Jahre einiges geändert hat. Das betrifft die Materialien und die Eigenschaften der Verpackung. Inzwischen ist das Tetra Pak finde ich kaum noch als nachhaltig zu bezeichnen - maximal noch als nachhaltiger im Vergleich zu anderen Verpackungen.
Gleiches kann man wiederum auch von anderen Verpackungen sagen. Es gibt eben kein Schwarz und Weiß und von perfekten Lösungen sind wir leider noch weit weg.
Was sind Alternativen zum Getränkekarton?
Eine durchaus spannende Frage ist also: Wie schneidet der Getränkekarton im Vergleich mit anderen Verpackungen ab?
Dazu gab es ein paar Untersuchungen.
Das Heidelberger Institut IFEU hat sich angeguckt wie Getränkekartons im Vergleich zu anderen Verpackungen hinsichtlich der Ökobilanz abschneiden. Der Getränkekarton schneidet im Vergleich zur Einweg Plastikflasche deutlich besser ab. Was erstaunlich ist: Im Vergleich zu Mehrweg-Glas schneidet der Getränkekarton ebenso gut ab.
Das hat sich über die Jahre geändert. Noch 1995 lag das Glas-Mehrwegsystem vorne, was die Ökobilanz angeht. Es wird vermutet, dass das mit dem Rückgang von Mehrweg allgemein zu tun hat (siehe Pressemitteilung UBA: Mehrweganteil bei Getränken 2017 weiter gesunken), wodurch wieder eingesammelte Glasflaschen oft viele Kilometer transportiert werden müssen, um wieder befüllt zu werden. Die Verwertung von Müll (der Getränkekarton im Gelben sack) findet regionaler statt.
Gerade bei Frischmilch ist der Getränkekarton erste Wahl. [...] Ein Grund: Jede Mehrwegflasche Frischmilch muss in Deutschland im Schnitt 1231 Kilometer transportiert werden – 779 Kilometer mehr als ein Milch-Karton.
Es wird geschätzt, dass Glas Mehrweg besser ist sobald es nicht mehr als 200 Kilometer transportiert und wenigstens 15 Mal benutzt wird. Was die Benutzungsdauer angeht, sollte Glas das locker schaffen, da es in der Regel bis zu 50 Mal wieder verwendet werden kann.
Insofern ist es auch recht klar, dass Einweg PET mit Pfand und Mehrweg Plastikflaschen schlechter abschneiden dürften als der Getränkekarton. Für weitere Infos dazu, empfehle ich UBA: Prüfung und Aktualisierung der Ökobilanzen für Getränkeverpackungen. Laut dieser Publikation lassen sich sowohl Glas-Mehrweg und PET-Mehrweg als auch der Getränkekarton als nicht so schlechte Wahl ansehen.
Damit ist klar: In der Ökobilanz ist der Getränkekarton durchaus manchmal vorteilhaft. Warum das so ist kann man hinterfragen und ein Auge auf das Thema Lobbyismus werfen. Tatsache ist aber auch, dass viel Plastik für die Kartons verwendet wird, ein endlicher Rohstoff. Damit haben wir auch ein Müllproblem.
Was kann verbessert werden?
Was kann jetzt aber noch konkret verbessert werden? Dazu hier ein paar Vorschläge.
Es muss zunächst sicher gestellt werden, dass Getränkekartons richtig recycelt werden können. Das heißt es muss mehr Aufklärung beim Verbraucher geben, vielleicht sogar ein Pfandsystem. Das würde sicher stellen, dass der Großteil der Verpackungen auch die Möglichkeit auf Recycling bekommt.
Eine weiter Idee wäre, Altpapier für den Papieranteil der Getränkekartons zu verwenden. Nach meinen Recherchen wird dafür bisher eher frisches Material genutzt, was ökologisch natürlich nachteilig ist. Gleiches gilt auch für das Plastik in den Kartons. Wenn Getränkekartons dadurch zu einem großen Teil aus recycelten Materialien bestehen würden, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Eine weitere Idee für jeden persönlich ist, auf die Größe des Getränkekartons zu achten. Denn je größer der Karton desto ökologischer wird er.
Zuletzt wäre es wünschenswert, wenn das Mehrwegsystem wieder mehr ausgebaut werden würde, sodass auch andere nachhaltige Verpackungen wie Mehrweg-Glas und auch Plastik wieder eine Chance habe so ökologisch zu sein, wie sie es eigentlich könnten. Der Hauptaspekt ist hier die Regionalität. Durch einen Ausbau des Systems müssten die Flaschen zum Wiederbefüllen nicht mehr so weit transportiert werden.
Ich hoffe dieser Beitrag konnte dir helfen dir ein ungefähres Bild zum Getränkekarton zu bilden. Ich bin gespannt was sich in den nächsten Jahren alles auf dem Markt tut, nun da wir eine immer stärkeren Druck von grünen Initiativen haben.
Bis zum nächsten Beitrag,
- Sarah
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